Missionsnachrichten

Missionsnachrichten geschrieben vom Schweiklberger Missionsprokurator P. Stephan Raster OSB

Liebe Mitbrüder, Freunde und Wohltäter!

Mitte Juli traf ein Brief von P. Edgar Friedmann, dem Prior des St. Benedicts Klosters in Digos/Philippinen, in der Missionsprokura ein, in dem er ausführlich von den Freuden und Sorgen seines Klosters berichtete. Ich bin mir sicher, dass Einiges davon auch für Sie interessant sein dürfte. So schreibt er: „Im September feiert P. Felix Huber seinen 93. Geburtstag. Seit Mitte März kann er nicht mehr am Gemeinschaftsleben teilnehmen, sondern ist an sein Zimmer in der Krankenabteilung gebunden. Es ist einfach die Altersschwäche, die ihn nicht mehr hoch kommen lässt. Immer wieder auftretende kleinere Krankheiten bekam der Krankenpfleger Br. Moses in Zusammenarbeit mit der Hausärztin in Davao bis jetzt leicht in den Griff. Braucht er Hilfe, so steht ihm der neue Postulant Riomark, ein gelernter Krankenpfleger zur Seite. Beide arbeiten gut zusammen.


Zur großen Freude der Mitbrüder konnten Ende April vier Postulanten aufgenommen werden. Br. Blasius Tiro durfte am 20. April seine Einfachen Gelübde ablegen. Er hilft zur Zeit in der Landwirtschaft aus und nebenbei besucht er einen Kochkurs in Davao. Am Pfingstsonntag legte Br. Thomas Evangelio die Feierliche Profess ab. Br. Thomas schloss im März seine Lehre als Kfz-Mechaniker ab und arbeitet sich augenblicklich in die Tätigkeitsbereiche von Br. Walbert ein, dem die Belastungen in den vergangenen Monaten zu groß geworden sind, zumal er auch noch die Verantwortung für die Landwirtschaft übernehmen musste.


Der Plan, die Kühe auf das höher gelegene Land zu verlegen, musste aus Sicherheitsgründen aufgegeben werden. Vorläufig bleiben die Kühe auf dem bisherigen Platz, werden aber um gut 80 Meter vom Kloster und Exerzitienhaus weiter weg verlegt. Bei dieser Gelegenheit werden auf die Stallungen modernisiert. Inzwischen wird auf dem neu erworbenen Land Mais für die Tiere angebaut. Freilich, um den Milchertrag nachhaltig zu verbessern, müsste unbedingt die Qualität der Herde verbessert werden. Dies kann nicht von heute auf morgen geschehen, doch erste Schritte sind bereits unternommen worden.


P. Francis, der Direktor des Exerzitienhauses, verbringt nach seinem Tanzaniaeinsatz die ihm gewährte Sabbat-Zeit bis voraussichtlich Oktober im „Shalom Center“ bei Houston in Texas. In seiner Abwesenheit leitet Br. Aldrich das Exerzitienhaus. Da der neue Novizenmeister P. Patrick nur einen Novizen zu betreuen hat, bietet auch er immer wieder Kurse an, hat aber Mühe, die zahlreichen Anfragen in Grenzen zu halten. P. Raphael nimmt sich besonders der Postulanten an. Er durfte drei Monate lang in Rom und Assisi einen Kurs  für klösterliche Ausbilder besuchen. Überraschenderweise erwies es sich als schwierig, für ihn ein Visum in Italien zu bekommen. Inzwischen ist er schon lange wieder zurück.


P. Edgar und P. Nathanael flogen am 18. Juni zur Weihe des neuen Abtes von Waegwan nach Korea. Als Nachbarkloster fühlte man sich verpflichtet, Abt Blasius und den Mitbrüdern zur großen Feier am 20. Juni persönlich die Ehre zu geben. Die Abtei Waegwan ist zur Zeit personell das größte Kloster der Kongregation von St. Ottilien. Sehr beeindruckend war, dass alle 13 Diözesanbischöfe und noch einige Weihbischöfe an der Feier teilnahmen.


Die „St. Benedicts Clinic“ hat nach wie vor regen Zulauf. Gerade für die ärmeren Leute in Digos und Umgebung ist sie die erste medizinische Anlaufstelle. Von den vielen Bewerbern um ein Schulstipendium im Rahmen des Studienprogramms konnte P. Nathanael zu Beginn des neuen Schuljahres nur 15 annehmen, da die Schulgebühren ständig steigen. Insgesamt hat das Kloster 90 Stipendiaten.“


Nach dem „Tanzania-Information Blatt“ vom Juni 2013 explodierte nahe beim Tor der neu errichteten katholischen Kirche von Olasiti, einem Stadtteil von Arusha, eine Handgranate, gerade als der Botschafter des Vatikans, der in Begleitung von Bischof Libulu zur Einweihung gekommen war, das Band am Eingang der Kirche durchtrennen wollte. Ein Gottesdienstbesucher war sofort tot. Drei der 66 Verletzten starben später in einem Krankenhaus. Niemand bekannte sich bis jetzt zu diesem Angriff.


Vizepräsident Bilal warnte vor der Annahme, die Attacke sei religiös motiviert. Auch Kardinal Pengo versicherte, dieser Angriff und ähnliche Vorkommnisse in der Vergangenheit hätten keine religiösen Beweggründe, daher sollten die Christen nicht an Rache denken, denn das wüchse sich zu landesweiter Gewalt aus. Der Oberste Scheich, Mufti Simba vom Muslimrat Tanzanias, betonte, die Tat bringe ans Licht, dass hinter einer Reihe von Attacken auf christliche Geistliche und Einrichtungen ein vielschichtiges Motiv stecke. Er hoffe, die Sicherheitsorgane würden herausbringen, wer hinter diesem Granatenangriff stecke. Auch Präsident Kikwete verkürzte seinen offiziellen Besuch in Kuwait. Er versprach, die Regierung werde die Sicherheitsvorkehrungen an allen gottesdienstlichen Gebäuden verstärken. In der Zwischenzeit hat die Polizei 12 Verdächtige verhaftet. Mit Ausnahme eines einzigen wurden alle übrigen wieder nach Hause geschickt. Bei der Beisetzung nahm die Parlamentspräsidentin zusammen mit 25 Abgeordneten teil.


Am Palmsonntag dieses Jahres brach in der Kirche der Pfarrei St. Benedikt in Nairobi/Kenya ein Feuer aus. P. Winfried Yego berichtete, dass der Teppich durch ein weggeworfenes brennendes Zündholz in Brand geraten war. Mit dem Einsatz von Wasser und Feuerlöschern gelang es den Gottesdienstbesuchern, das Feuer unter Kontrolle zu bringen. Die Pfarrei St. Benedikt, die von den Benediktinern von Tigoni geleitet wird, hat rund 6000 Katholiken. 75 % davon leben im Slumgebiet von Mathare Valley. Sonntags werden acht Gottesdienste gefeiert, drei in der Pfarrkirche St. Benedikt, die anderen in den Filialkirchen. Einmal in jeder Woche findet ein Werktagsgottesdienst in den Filialkirchen statt, anschließend treffen sich die jeweiligen Basisgemeinschaften. Im überbevölkerten Mathare Valley leben schätzungsweise 50 000 Menschen; niemand weiß es so genau. Die Gegend erstickt vom Gestank aus den offenen Abwässerkanälen, verstreutem Müll und Dreck. Die Arbeitslosigkeit beläuft sich auf 50 – 70 %. In den Sprechstunden werden der Pfarrer und sein Kaplan mit den verschiedensten Anliegen der Christen konfrontiert: Bitten um Lebensmittel, Schulgeld, einen Rat, eine Empfehlung für eine Schule oder Arbeitsplatz. Im Regelfall muss jeder Christ, der eine Hilfe benötigt, ein Empfehlungsschreiben seiner Basisgemeinde bringen. Jeden Dienstag werden an die Armen Lebensmittel ausgegeben. Es ist in Afrika üblich, dass die Gläubigen zum Gottesdienst anstelle des Geldes verschiedene Opfergaben mitbringen, z.B. Maismehl, Kartoffeln, Obst, Eier, Seife, Gemüse usw. Das wird dann an die Armen verteilt, insbesondere an die Alten. Die Kindergärten in der Pfarrei und im Mathare Valley sind überfüllt. St. Maurus und St. Charles würden freilich eine dringende Sanierung benötigen, da die Gebäude in einem sehr schlechten Zustand sind. Davon konnte sich auch P. Stephan, der Schreiber dieser Zeilen, überzeugen, als er vor zwei Jahren einen dieser Kindergärten besuchte. Die Eltern  können die benötigte Summe für die Renovierung von sich aus nicht aufbringen. Aber Bildung ist nun einmal die einzige Möglichkeit, den Kindern eine Zukunftsperspektive zu geben und ihnen zu helfen, dem Teufelskreis von Armut, Müßiggang und Kriminalität zu entrinnen.


Br. Markus Forster ist am 21. August wieder nach Ndanda zurückgekehrt. Wegen seiner vielen Wohltäterbesuche hat er nicht viel von seinem Urlaub gehabt. Als letzter Urlauber dieses Jahres kam P. Gregor Zeilinger aus El Rosal/ Kolumbien vor einer Woche in sein Heimatkloster. P. Stephan fliegt vom 09. – 16. September in die USA zur Prokuratorenkonferenz.


Gesundheit und Gottes Segen wünscht Ihnen zum Schluss
Ihr Schweiklberger Missionsprokurator      P. Stephan Raster OSB

Liebe Mitbrüder, Freunde und Wohltäter!

Br. Dr. Ansgar Stüfe berichtet in einem seiner letzten Rundbriefe von einer alten Frau, die am Ufer des Nyassasees lebte. Wie gewöhnlich wusch sie ihre Wäsche am Ufer im Wasser des Sees. Plötzlich tauchte ein Krokodil auf und packte sie an beiden Armen. Geistesgegenwärtig steckte sie das Wäschestück, das sie gerade in der Hand hatte, in das Maul des Tieres. Da ließ das Tier wieder von ihr ab. Krokodile haben Zähne nur zum Halten der Beute. Sie ziehen das Opfer ins Wasser, bis es ertrinkt. Dann verzehren sie es allmählich. Dazu kam es bei der Frau glücklicherweise nicht. Aber der eine Biss führte zu einer Zertrümmerung der Unterarmknochen auf beiden Seiten und zu schweren Hautverletzungen. Sie wurde sofort in das Hospital Peramiho eingeliefert. Nach Abnahme des Gipses konnte sie wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden. Eine Infektion konnte Gott sei Dank vermieden werden.


Knochenbrüche sind in Tanzania an der Tagesordnung. Während in den europäischen Ländern die Verkehrsunfälle immer mehr zurückgehen, nehmen sie in den afrikanischen Ländern zu. Besonders die Motorradfahrer sorgen für Arbeit. Im letzten Jahr mussten mehr als 1000 Patienten mit diversen Knochenbrüchen behandelt werden. Oft sind Operationen mit Metalleinlagen notwendig, die immer noch in Deutschland bestellt werden müssen.
Eine große Änderung gab es in der Röntgenabteilung. Das alte Siemensgerät war nach 25 Jahren Gebrauch nicht mehr zu reparieren. Mit Hilfe von Wohltätern konnte ein neues Gerät gekauft werden. Völlig neu ist, dass die Aufnahmen sofort im Computer gespeichert werden, so dass der Arzt die Bilder später genauer  beurteilen kann.


Eine Änderung gab es in der Leitung des Krankenhauses. Der Chefarzt Dr. Lemmy ging mit 60 Jahren in Pension. Sein Nachfolger wurde Dr. Mushi. Dr. Lemmy hat mit Br. Ansgar in Peramiho angefangen. Ohne ihn wäre das Hospital nicht, was es heute ist. Unzählige Patienten verdanken ihm das Leben.


Am 21. März 2013 wurden in Inkamana/Südafrika die Jubilare des Jahres 2013 gefeiert. Tatsächlich konnten nur zwei der Mitbrüder dieses Jahr ein Jubiläum feiern: P. Peter Blue, der am 6. Juli den 25. Jahrestag seiner Aussendung ins Zululand begehen kann und P. Hermenegild Meier, der am 23. September auf 50 Jahre seiner Profess zurückblicken wird.


Die Inkamana High School sorgte im April für Schlagzeilen, als man das Musical „Ipi Ntombi“ (d.h. „Wo ist mein Mädchen?“) zur Aufführung brachte. Es ist die Geschichte eines jungen Mannes aus ländlicher Gegend, der sein Dorf verlässt, um nach Egoli, der Stadt des Goldes (Johannesburg) zu gehen. Er will dort in den Minen Geld verdienen und das Stadtleben genießen. Bald aber kehrt er wieder in seine alte Heimat zurück, sehnsüchtig erwartet von seiner Braut und den Leuten im Dorf. Musik  und Text stammen von Bertha Egnos und ihrer Tochter. Das Musical wurde 1974 in Johannesburg uraufgeführt und war sofort ein Schlager. Die Schule konnte Andy Chabeli für die Choreographie des Singspiels gewinnen. Er war Hauptsänger und – schauspieler in der ursprünglichen Besetzung, die in Europa und Amerika auftrat. Fast 3000 Menschen kamen zu den 12 Aufführungen.


Am 7. April stand die Abtei Inkamana erneut im Zentrum der Aufmerksamkeit, als Thabisile Mgali, eine nahe Verwandte des südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma, einen Katholiken aus Vryheid heiratete. Die Hochzeitsmesse fand in der Abteikirche statt, da die Kirche von St. Thomas Morus in Vryheid für die 500 Gäste zu klein war. Obwohl der Gottesdienst erst um 15.30 Uhr begann, erschien die Sicherheitspolizei bereits um 8.00 Uhr morgens, um die Ankunft des Staatspräsidenten vorzubereiten. Als er dann kurz vor Beginn der Hochzeitszeremonie erschien, benutzte er nicht den Haupteingang, sondern kam streng bewacht durch den Seiteneingang in die Kirche. Am Ende der Hochzeitsmesse, die ungefähr 2 Stunden dauerte, ging er zum Ambo und sprach zu dem frisch vermählten Paar und den Hochzeitsgästen etwa eine halbe Stunde lang in Zulu von den Freuden und Leiden des Ehelebens, wobei er betonte: „Das Leben ist voller Überraschungen!“. Schließlich muss er es wissen, da er  ein paar Frauen hat.


P. Damian Milliken erinnert sich in seinem Rundbrief an ein Gespräch, das er vor vielen Jahren mit einer Ordensschwester hatte, die über 50 Jahre in der afrikanischen Mission wirkte. Sie saßen gerade gemütlich beisammen, so schreibt er, als die Unterhaltung mit der Schwester  durch das Schreien und Lärmen der Kinder unterbrochen wurde, die nach Schulschluss entlang der staubigen Straße nach Hause rannten. Plötzlich sagte die Schwester lächelnd: „Ich wünschte, meine Arme wären länger!“ Auf den etwas erstaunten Blick P. Damians hin, erklärte sie: „Könnte ich sie doch alle auf  meinen Arm nehmen, damit sie merken, wie gerne ich sie habe!“ Im Gegensatz zur Schwester möchte P. Damian lieber Flügel haben, um die 620 Mädchen vor den „Fallstricken des Schicksals“ zu schützen, die im Laufe des Lebens auf sie warten.


Mitte Februar dieses Jahres wurden vom Bildungsministerium die Ergebnisse der zentralen Abschlussprüfungen der Mittelschulen im Lande bekannt gegeben. In mehr als 4000 Schulen mit über 500 000 Kindern fielen 60% durch. Es war eine Katastrophe. Unter den 20 besten der 4000 registrierten Mittelschulen waren 18 katholische Schulen, die Schule in Mazinde Ju rangierte landesweit auf Platz 8. Alle Schülerinnen dürfen eine High School besuchen. Ein wunderbares Ergebnis.


Es gibt ein chinesisches Sprichwort, das besagt: „Die beste Zeit, einen Baum zu  pflanzen, war vor 30 Jahren, aber wenn das nicht geschehen ist, dann ist die beste Zeit jetzt!“ Das derzeitige Bauprojekt ist ein zweistöckiges Gebäude für Schlafräume und Klassenzimmer. Es arbeiten mehr als 100 Männer und Frauen aus den umliegenden Dörfern an der Baustelle. Es soll ein Ort werden, wo kleine Schulkinder von 11/12 Jahren  bis zu jungen Frauen von 18 oder 19 Jahren ausgebildet werden, die reif genug sind, die Hochschulen des Landes zu besuchen und das zukünftige Tanzania zu gestalten.


Jeder Arbeiter in Mazinde Juu ist ortsansässig. Als Schreiner und Maurer machen sie die gleichen Arbeiten, die ihre Eltern vor 25 oder 30 Jahren getan haben. Viele der Arbeiter lassen ihre Gehälter direkt an die Schule auszahlen, um die Schulgebühren ihrer Töchter für das kommende Schuljahr zu bezahlen.


Im Jahr 1989 hat P. Damian in Mazinde Juu mit einigen Ordensschwestern angefangen. Heute besuchen über 600 Schülerinnen aus dem ganzen Land die Schule, die zu den 10 besten in Tanzania gehört. Der Grundsatz von damals lautet immer noch, die ortsansässigen Mädchen zu fördern. In der Tat ist die heutige Schuldirektorin eine der  ersten Schülerinnen von 1989. Sie machte vor fünf Jahren ihren Abschluss am Nazareth College in Rochester/USA. Sie hat in der Zwischenzeit die  Schule zu einer der besten im ganzen Land gemacht. Möge der Herrgott auch weiterhin ihre Bildungsarbeit reich belohnen.


Am 7. Mai wurde in Waegwan P. Blasius zum Nachfolger von Abt Simon Rhee gewählt, der aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war. Abt Simon hat sich 12 Jahre lang für die Gemeinschaft von Waegwan und ihren vielen Aufgaben in hervorragender Weise verdient gemacht, vor allem hat er das vom Feuer zerstörte Kloster und die Klosterkirche wieder aufgebaut. Die Abtei ist ihm zu großem Dank verpflichtet. Die Abtsweihe fand am 20. Juni, statt. In Vertretung des Schweiklberger Abtes nahm der Schreiber dieser Zeilen teil.


Gottes Segen, Gesundheit und alles erdenklich Gute wünscht Ihnen auch weiterhin
Ihr Schweiklberger Missionsprokurator P. Stephan Raster OSB

 

Liebe Mitbrüder, Freunde und Wohltäter!

Wunderheiler hat es in Tanzania immer gegeben. Aber nach Arnold Kiel, einem Pfarrer in Ruhestand, erregte noch nie eine Einzelperson so viel Aufsehen wie Ambilikile Mwasapile, bekannt unter dem Namen „Babu Kikombe“ (Kikombe: Tasse auf Suaheli), weil er seine Behandlung mit einer Tasse Tee aus den Wurzeln des Busches Mugariga durchführte. Mund zu Mund Propaganda, zusammen mit den modernen Kommunikationsmitteln, verbreiteten seit Anfang 2011 seinen Ruf wie ein Buschfeuer im ganzen Land. Mwasapile, 1935 geboren, lebt in Samunge bei Lolilondo am Rand der Serengeti. Hunderttausende aus ganz Tanzania kamen zu ihm und viele sogar aus dem Ausland, auch Nelson Mandela – mit Privatwagen und Taxis, Bussen und Flugzeugen und bildeten Schlangen bis zu 50 km.
Und was tat Babu Kikombe? Er reichte eine Tasse Tee mit einem Gebet, nur von ihm, nur dort und nur einmal. Viele bezeugten Besserung und Heilung von Krebsleiden, Zuckerkrankheiten, Bluthochdruck, Asthma und sogar von AIDS. Die Unbedenklichkeit dieser Dosierung und die Wirkung bestimmter Pflanzenstoffe wurde von dem Institut traditioneller Medizin der Muhimbili Universität Dar es Salaam bestätigt. Die Nachuntersuchungen zeigten aber dann, dass der Tee keinerlei Wirkung hat. Die Leute sagten, dass Mwasapile bescheiden bleibt und nie mehr als 500 Schilling (5o Cent) nimmt. „Gott hat es mir mehrfach im Traum offenbart, und darum wirke ich in seinem Namen“, sagt er.


Und wie steht es heute?  Die Tanzania - Informationen 12/12 fassten die wenigen Nachrichten knapp zusammen: 2011 kamen etwa 6 Millionen Besucher. Danach ebbte der Strom merklich ab. Im Mai 2012 wartet in Loliondo ein 20-köpfiges Team in einem großen neuen Gebäude, aber nur wenige Menschen erscheinen noch – etwa 10 pro Tag. Im November machte die Ankündigung eines weiteren Wunders die Runde. Seitdem ist es ruhig geworden um den „Wunderdoktor“.
Traditionelle Medizin leistet auch heute noch in Tanzania, wie Elisabeth Steinle-Paul, Frauenärztin in einer Gemeinschaftspraxis in Stuttgart, schreibt, einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitsvorsorge. Häufig ist sie für die Leute auf dem Land oft der einzige Zugang zu medizinischer Hilfe, weil ein Krankenhaus oft weit weg ist. So gibt es z.B. in der Tanga-Region auf 33.000 Einwohner nur einen ausgebildeten Arzt, aber einen traditionellen Heiler für 146 Einwohner in ländlichen und 343 Einwohner in städtischen Gebieten. Aus ökonomischen und kulturellen Gründen wird deren Hilfe vor allem von der armen ländlichen Bevölkerung in Anspruch genommen. Traditionelle Medizin wird definiert als „Kombination von Wissen und Praxis, benutzt zur Diagnose, zur Verhütung oder Behandlung von körperlichen, seelischen oder sozialen Krankheiten, ausschließlich basierend auf überlieferter Erfahrung und Beobachtung, schriftlich oder mündlich weitergegeben von einer Generation zur nächsten!“


Die traditionelle Medizin umfasst ein weites Spektrum von magisch geprägten bis zu fundierten pfanzen-medizinischen Methoden, wobei es immer auch Übergänge und Vermischungen gibt. Das Entstehen von Krankheiten und Heilung wird insgesamt meist noch in einem starken kulturellen, religiösen und sozialen Kontext gesehen. Spielt bei uns das kausale Denken bezüglich krankheitserregender Stoffe wie Viren, Bakterien oder Schadstoffen eine entscheidende Rolle, so wird die Krankheitsauslösung in Tanzania sehr viel stärker im sozialen Zusammenhang angenommen. Heilung des einzelnen Menschen  ist damit auch mit der Lösung sozialer Konflikte verknüpft. Aber auch umgekehrt: Krankheit hat ihre Ursache z.B. in Neid und Missgunst, in Fehlverhalten und Streit, Heilung bedingt somit das Aufspüren und Benennen des Konflikts. Es können aber auch Menschen mit einem bösen Omen belegt und dadurch krank werden. Witchcraft ist ein starkes Mittel, noch heute wirksam und häufig praktiziert, auch wenn die Regierung dagegen einzuschreiten versucht.
In Tanzania wachsen über 12.000 Pflanzenarten, rund ein Viertel davon besitzt medizinische Wirkung. Ein bekanntes Beispiel ist der Neembaum, auf Kisuaheli  „Arobaini“, der Vierziger, genannt, weil er für über 40 Krankheiten und Beschwerden Hilfe und Linderung bietet. Seit man mit modernen chemischen Methoden die Wirkstoffe isolieren und stimmen kann, zeigt auch die pharmazeutisches Industrie großes Interesse an der Erforschung und Anwendung.


Warum gibt es oft keinen Arzt in Tanzania? Nach Jana James, Koordinatorin bei der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit,  ist der Gang zu einem Krankenhaus für den durchschnittlichen Tanzanier oft beschwerlich und manchmal mit hohen Kosten verbunden. In ländlichen Gebieten kann es oft Stunden dauern, bis man zu einem staatlichen Hospital kommt. PatientInnen müssen oft lange ausharren, bis sie zum Anfang der Warteschlange vorgedrungen sind. Die Kranken werden dann häufig von unzureichend qualifizierten Personal behandelt. Außerdem fehlt es oft an technischer Ausrüstung, oder die MitarbeiterInnen sind nicht ausreichend geschult. Weiteres Manko ist die schlechte Ausstattung der Hospitäler und Krankenhäuser mit Medikamenten.
Der Verbesserung der Gesundheitsversorgung in Tanzania steht ein zentrales Problem im Weg: der Mangel an qualifiziertem Personal. Derzeit ist mehr als die Hälfte der benötigten Stellen gar nicht oder nur unterqualifiziert besetzt. In abgelegenen Teilen des Landes ist der Mangel geradezu verheerend.


Eine Studie aus dem Süden Tanzanias berichtet, dass in einigen staatlichen Einrichtungen weniger als 20% des erforderlichen Personals eingestellt ist. Die Arbeitsbelastung für Ärzte und Krankenschwestern ist insbesondere für kleinere Stationen sehr hoch.
Die Ursachen für diese Situation sind vielschichtig. Zum einen ist das tanzanische Gesundheitssystem chronisch unterfinanziert. Das hat Auswirkungen auf die Aus- und Weiterbildung. Zum anderen werden selbst Fachkräfte unterbezahlt. Der Lohn kommt oft unregelmäßig, manchmal bleibt er sogar aus. Fehlende Ressourcen sind auch der Grund  für die unzulängliche Ausstattung der staatlichen Gesundheitseinrichtungen. Es ist daher gut verständlich, dass es viele ausgebildete Ärzte oder Krankenschwestern in andere Länder Afrikas oder Europas zieht, um dort effektiver zu arbeiten und besser zu verdienen.


In der Vergangenheit bis in die heutige Zeit herein war und ist der nichtstaatliche Sektor dem staatlichen um ein vielfaches voraus. Eine bessere und regelmäßige Bezahlung des Personals sowie vorausschauende Planung trugen und tragen dazu bei, dass die privaten und kirchlichen Krankenhäuser und Hospitäler auch in ländlichen Gebieten besser besetzt waren und sind. Nachdem die tansanische Regierung aber die Gehälter und Sozialleistungen aufgestockt hat, haben viele vom nichtstaatlichen zum staatlichen Sektor gewechselt. Das Tauziehen um geeignetes Personal  ist jedoch schädlich für eine angemessene und flächendeckende Gesundheitsversorgung. Des weiteren versucht die Regierung, den Mangel an geeignetem Personal durch Einstellung von minder qualifizierten MitarbeiterInnen auszugleichen. Diese Maßnahmen haben jedoch kaum Erfolg.


Zuerst heißt es, massiv und noch einmal massiv in den Gesundheitssektor zu investieren. Tanzania bleibt seit Jahren weit unter seiner öffentlichen Verpflichtung, mindestens 15% des Staatsbudgets dafür bereitzustellen. Das gilt auch für die gegenwärtige Regierung, die, so hat man den Eindruck, sich für alles andere mehr als für das Gesundheitssystem kümmert. Der Personalmangel im tansanischen Gesundheitswesen ist also kein unerklärliches Problem. Es liegt an der Regierung, entsprechend zu handeln, und an der Bevölkerung, solches Handeln einzufordern.


Mit herzlichen Segensgrüßen Ihr P. Stephan Raster OSB, Missionsprokurator

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