Predigt zur Osternacht 2016 – Lk 24,1-12
Liebe Schwestern und Brüder,
es gibt Zeiten im Leben, da wird es dunkel, da stehen wir an der Grenze der Belastbarkeit und möchten resignieren. Dann spüren wir, dass uns die Wirklichkeit des Lebens mit all dem Gegenwind das Licht der Hoffnung und der Lebensfreude ausblasen möchte. Und wenn sie sagen, es gibt Stunden, da ist das Leben wirklich eine Last, da ist es schwer und ich kann nicht mehr - dann sage ich nur: Ich glaube ihnen auf’s Wort.
Und doch gibt es in meinem Leben – und wohl auch in ihrem Leben - einen tragenden Grund, einen ganz stabilen Grund, immer wieder zu hoffen, immer wieder zu glauben, zu beten und zu vertrauen – und diesen Grund feiern wir heute, jetzt, in dieser Stunde. Und dieser Grund hat einen Namen: Jesus Christus, der auferstandene Herr. Und ich bin überzeugt: Wenn wir auf ihn schauen und an ihn glauben, dann offenbart sich uns eine Wahrheit, die unserem Leben Flügel gibt, die uns ermutigt und immer wieder hoffen lässt, die Tatsache nämlich, dass das Leben siegt und nicht der Tod, dass der Tag stärker ist als die Nacht. An Ostern sagt uns Gott, dass das Licht nicht ausgehen wird, dass sein Feuer brennt – für dich und für mich.
Sichtbar in der Osterkerze, die wir zu Beginn der Feier in die Kirche getragen haben. Sie ist nicht nur ein schönes Zeichen – nein, das ist Wirklichkeit, heilige Wirklichkeit, dass Gott unter uns ist mit seinem Licht, mit seinem Leben, mit seiner Liebe und dass er es mit uns zu tun haben möchte. Mit den alten und den jungen Menschen, mit den Männern und mit den Frauen, mit uns allen, die wir hier beisammen sind und dass es ihm zur Ehre gereicht, wenn wir lebendig sind, wenn wir Lust am Leben haben und Sinn und Freude erfahren. Und wir haben allen Grund dazu, lebendig und froh zu sein, weil uns Gott in Jesus Christus Gott zum Leben ruft, zum Leben anstiftet.
Wie sehr wünsche ich uns allen, dass dieses göttliche Leben des auferstandenen Christus in uns spürbar ist, dass dieses göttliche Licht in uns brennt und leuchtet und wir in der Lage sind, mit Osteraugen diese unsere Welt und unser Leben zu betrachten und anzunehmen.
Denn wie eingangs schon gesagt – Leben ist nicht immer schön und einfach, und es verläuft nicht immer nach unseren Wünschen und Vorstellungen. Manchmal kommt es hart auf uns zu, manchmal läuft es anders, als man denkt.
Auch in der Beziehung zu Gott. Es kann durchaus Zeiten geben, da fühlen wir uns ganz fern von Gott, da ist er nicht spürbar und von Auferstehung, von Leben und Lebendigkeit, von Hoffnung und Zuversicht kann keine Rede sein. Und vielleicht sind das die Zeiten, in denen wir den Frauen aus dem Evangelium gleichen, die auf dem Weg zum Grab sind. Da ist noch kein Jubel ausgebrochen, noch kein Halleluja erklungen. Da geht es um eines: Dem toten Meister die letzte Ehre zu erweisen. Der Evangelist schildert uns einen Friedhofsgang.
Kennen wir nicht alle solche Situationen? Solche Stunden, Tage, ja vielleicht sogar Wochen und Monate, wo das Dunkel aus dem Leben nicht weichen will? Ich kann mich noch sehr gut an eine Zeit erinnern, da war Ostern für mich ein Tag mit einem großen Fragezeichen, ich spürte keine Nähe Gottes, wohl aber eine tiefe Gottferne. Damals stieß ich – Gott sei’s gedankt - auf ein Wort von Romano Guardini, das mich damals tröstete und ermutigte und das mich bis heute begleitet. Er sagte einmal: „Und für jeden Glaubenden kommen Zeiten, in denen er, von einem unwahrnehmlich feinen Sinnbewusstsein gehalten, aus bloßer Treue und reinem Gehorsam heraus existieren muss.“
Damals waren es die Gespräche mit Menschen meines Vertrauens, die mir über diese düstere Zeit geholfen haben. Und wenn wir nochmals auf das Evangelium blicken: Es ist von Frauen die Rede, von mehreren, die zum Grab unterwegs sind. Vielleicht haben sie auch miteinander gesprochen, haben unterwegs ihr Herz ausgeschüttet, haben über ihre gekreuzigte Hoffnung gesprochen, über ihr Leid und ihre Tränen.
Und sie machen noch etwas deutlich: Sie sind ihrem Herrn auch nach seinem Tod noch treu. Sie wollen ihm den letzten Dienst erweisen und ihn salben.
Miteinander unterwegs, treu bis in den Tod – genau das wird ihr Leben verändern, das wird ihr Leben verwandeln und bereichern, ja reich machen. Denn was sie dann erleben und erfahren, was ihnen am Grab widerfährt, das ist nicht von Menschen gemacht, nein, was da geschieht und was die Frauen erleben ist göttlichen Ursprungs: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden.“
Ostern – das ist Leben aus der Hand Gottes. Aber Ostern gibt es nicht ohne Gründonnerstag, ohne Karfreitag und ohne Karsamstag. Die Dunkelheit dieser Tage, diese Finsternis und Nachtdurchwobenheit – sie gehen dem Leben, dem Ostern voraus und sie sagen uns: Gib nicht auf, wenn es dunkel wird, wenn du meinst, es geht nicht mehr. Bleibe, harre aus und glaube und vertraue: Das Leben ist stärker als der Tod, das Licht ist stärker als die Nacht. Ostern gilt auch für dich und dein Leben: Du bist ein von Gott zum Leben berufener Mensch. Ja, liebe Schwestern und Brüder, wir sind zum Leben berufen. Darum lasst uns unsere Herzen im auferstandenen Christus verankern, damit er in uns lebe und leuchte, damit wir seine Kraft erfahren, mit österlichen Augen die Welt und uns selber betrachten und immer wieder eines versuchen: dieser geplagten Welt ein menschenfreundliches, ein von Gott her geprägtes, ein österliches Gesicht zu geben. Dazu sind wir alle gerufen. Möge dieses Osterfest uns darin bestärken und der Glaube an den Auferstandenen uns zu lichtvollen Taten befähigen. Amen.
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