Predigten

Liebe Schwestern und Brüder!

Ein Kirchenlied, das aus der Feder von Hans von Lehndorff stammt – es beginnt mit den Worten: „Komm in unsere stolze Welt, Herr mit deiner Liebe Werben. Überwinde Macht und Geld, lass die Völker nicht verderben. Wende Hass und Feindessinn auf den Weg des Friedens hin.“
Dieses Lied hat nichts an Aktualität verloren und gerade die letzten Worte - sie stehen wie ein Bittruf am Ende dieses Jahres: „Wende Hass und Feindessinn auf den Weg des Friedens hin.“
Darum können wir immer wieder nur beten und wir selber sind aufgerufen, meine lieben Schwestern und Brüder, Menschen des Friedens zu sein oder auch zu werden.
Darum ist es gerade am Ende des Jahres gut, wenn wir etwas bei dem Wort Frieden verweilen. Wenn wir zunächst einmal hinhören in unser eigenes Herz und uns fragen:

Wie ist es um den Frieden in mir selber bestellt? Ein Wort sagt: Frieden ist die Ruhe, die aus der rechten inneren Ordnung kommt? Bin ich in Frieden mit mir? Oder rumort etwas in mir, das ich vielleicht einmal aussprechen müsste? Vielleicht ist es gut, mich einem Menschen meines Vertrauens zu offenbaren und das ins Wort zu fassen, was mich umtreibt, was mich nicht in Frieden kommen lässt. 

Frieden – bin ich in Frieden mit Gott? Bringt mich das Verweilen bei ihm zur Ruhe, schafft es Frieden in mir? Oder hadere ich mit ihm, weil im ausgehenden Jahr manches nicht so gelaufen ist, wie ich es mir vorgestellt habe? Bin ich überzeugt, dass seine Liebe zu mir ewig ist, dass sie stabil ist und alles umfängt, was mich ausmacht? Worum möchte ich Gott am Ende dieses Jahres bitten?
Frieden – bin ich mit meinen Mitmenschen in Frieden? Bin ich in Beziehung zu ihnen? Gibt es Konflikte, die bereinigt werden müssten? Gibt es vielleicht so manches zu entwirren, zu ordnen, damit Frieden wachsen kann? Für wen möchte ich in dieser Stunde besonders beten? 

Liebe Schwestern und Brüder, Frieden, das wissen wir, ist eine kostbare und auch zerbrechliche Gabe. Ein Blick auf den Globus erinnert uns, an wie vielen Stellen dieser Welt gekämpft wird, wie viele Menschen unter Krieg und Terror leiden und wie viele Herzen durch den Verlust lieber Menschen verwundet und friedlos sind, wie viele Menschen auf der Flucht sind, weil es in ihrer angestammten Heimat keine Perspektive mehr gibt, das Leben nicht mehr sicher ist.
Versuchen wir darum selbst, Menschen des Friedens zu werden und im neuen Jahr dem Frieden den Weg zu bereiten. Und dieses Neue Jahr soll uns dankbar stimmen. Denn in diesem Jahr dürfen wir uns eines bewusst machen: Wir leben seit 70 Jahren in Frieden. Halten wir uns das immer wieder vor Augen und werden nicht müde, dafür Danke zu sagen, dass wir in einem Land leben, dass aufgrund der friedlichen Situation in der Lage ist, einen Lebensstandard zu gewähren, der seinesgleichen in der ganzen Welt sucht.
Frieden – das darf nicht nur ein Wort sein, das die Engel in der Weihnachtsnacht besingen. Es soll uns allen als Auftrag ins Herz geschrieben sein, damit wir durch unser Wort und Zeugnis eine frohe Botschaft sind für die Welt und die Menschen, die sie bevölkern. Und mit dem Dichter dürfen wir selbst immer wieder beten: „Komm in unsere stolze Welt, Herr mit deiner Liebe Werben. Überwinde Macht und Geld, lass die Völker nicht verderben. Wende Hass und Feindessinn auf den Weg des Friedens hin.“ Amen.

 

 

3-abt-rhabanus-bei-der-predigtLiebe Schwestern und Brüder,
wenn uns die Kirche zu nächtlicher Stunde zusammenruft und wenn wir zu so später Stunde miteinander singen und beten und Eucharistie feiern, dann hat das immer einen besonderen Grund. Dann gilt es etwas Besonderes zu feiern und ein heilsgeschichtliches Ereignis in den Blick zu nehmen, es zu ergründen und auf unser Leben hin zu deuten. So auch heute Nacht, in dieser Stunde, da wir zum Festgottesdienst versammelt sind und Weihnachten feiern.
Aber da stellt sich uns Menschen des 21.Jahrhunderts schon eine erste Frage, denn das ist ja nicht mehr selbstverständlich: Was bedeutet dieses Fest eigentlich? Was ist der innerste Kern, das Zentrum, das Wesentliche? So vieles überlagert diese Nacht und diese Tage der Weihnachtszeit. Was also ist Weihnachten?
Die Antworten sind sehr verschieden. Manche sagen: Weihnachten – das ist ein Fest der Liebe! Ein Fest der Geschenke! Wieder andere meinen: Weihnachten – das ist ein Fest für die Familie! Das ist ein Fest des Friedens! – Gewiss, das alles ist nicht falsch und es ist ja auch wichtig, dass wir der Liebe Ausdruck verleihen, dass wir in der Familie beisammen sind und spüren, wie sehr wir einander mögen und gern und lieb haben, wie sehr wir einander brauchen und aufeinander verwiesen sind. Ebenso wichtig ist es auch, dass wir einander etwas Gutes tun und einander beschenken und dass dieses Fest in uns die Sehnsucht nach Frieden weckt und wach hält. Und nicht zuletzt – dass uns dieses Fest letztlich beauftragt, dem Frieden den Boden zu bereiten. Aber das alles, meine lieben Schwestern und Brüder – das alles ist noch nicht Weihnachten. Oder sagen wir es so: das alles sind wundervolle Blüten, die aus dem Wurzelstock des Weihnachtsfestes erwachsen – aber der Kern dieser Nacht, das Wesentliche dieser Stunde – es ist etwas anderes, etwas, was nicht wir Menschen gemacht oder erdacht hätten. Nein, was wir heute Nacht feiern, das ist göttlichen Ursprungs und darum heilig und ehrfurchtgebietend. Und es ist derart, dass es unser Leben verwandeln und erneuern kann. Darum meint Weihnachten, in wenige Worte gefasst, eben dieses:

Gott wird Mensch!

Gott, der so groß ist, dass ich ihn nicht bis ins Letzte denken kann, weil er all meine Denkkapazität übersteigt – ebendieser Gott - ER wird Mensch, offenbart sich im Kind.
Und das, meine liebe Schwestern und Brüder, lässt sich nicht in Formen und Formeln des Verstandes einfassen. Das übersteigt letztlich unser Denkvermögen, aber das Herz, das gläubige Herz – es lässt sich berühren und vom Geheimnis dieser Nacht anrühren, weil ja „das Herz Gründe hat, die die Vernunft nicht kennt“ (Blaise Pascal).
Weihnachten – Gott wird Mensch! Und das hat einen ganz tiefen Sinn, der Heil schenkt und Ermutigung ist und uns existentiell berührt. ER wird Mensch, um uns auf dem Weg unserer Menschwerdung zu helfen. „Mach’s wie Gott – werde Mensch!“
Und daraus erwächst eine zweite Frage in dieser Stunde – nämlich diese: Bist du bereit, diesen Weg der Menschwerdung zu gehen? Bist du bereit, dich auf dieses Kind einzulassen und auf das, was es einst verkünden wird? Bist du bereit? Dieser Weg ist nicht leicht, dieser Weg ist steinig und schwer. Denn er hat wesentlich damit zu tun, dass ich mich im Spiegel seiner Botschaft betrachte, mich von ihm her verstehe und mich von ihm formen und prägen lasse.
Natürlich werden wir in diesem Moment auch unserer Schatten bewusst; und unserer Wunden und Schrammen, die wir alle haben; auch unserer Schwächen und unserer Schuld. Kürzlich hat Papst Franziskus sehr offen gesprochen und die Wunden der Kurie benannt. Und er selbst ist ein Mensch, der um seine Schatten weiß und daraus keinen Hehl macht. Er ist einer von uns und mit uns.
Deshalb ist es gut, jetzt einmal auf das Kind in der Krippe zu schauen. Da liegt es auf Stroh gebettet – und in seiner Haltung wird ein Wesenszug Gottes sichtbar: Das Kind breitet die Arme aus, es heißt uns willkommen und in dieser Haltung lässt uns dieses göttliche Kind wissen:
Du, Mensch, du darfst zu mir kommen! Und später wird dieses Kind sagen: Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid.
Weihnachten – das ist das Fest der Menschwerdung Gottes und das Fest, das uns auf den Weg unserer Menschwerdung ruft und uns dazu ermutigt. Das ist eine wesentliche Seite der Weihnacht.
Liebe Schwestern und Brüder, es geht in dieser Heiligen Nacht aber nicht nur um uns. Das ist zwar wichtig, aber es wäre zu wenig. Schauen wir mit unserem geistigen Auge abschließend noch kurz an unseren Globus. Nicht überall herrscht Frieden und Sicherheit. Ganz im Gegenteil – unzählige Menschen sind jetzt auf der Flucht vor Krieg und Terror. Und viele von ihnen haben nicht nur Hab und Gut hinter sich gelassen. Viele haben auch liebe Menschen verloren, Angehörige, Freunde. Sie sind traumatisiert und ihr Herz ist zutiefst verwundet. Denken wir an die Kinder, die in Pakistan in der Schule von Fanatikern umgebracht wurden und deren Eltern und Geschwister und so viele andere Menschen unsagbar traurig sind. Die Verursacher dieser markerschütternden Aktion haben gezeigt, wie unmenschlich der Mensch sein kann.
Allein diese Tatsachen machen deutlich: Weihnachten bleibt Auftrag – es geht darum, im Blick auf den Mensch gewordenen Gott an der Menschwerdung der Menschheit mitzuwirken. Und hier darf die Kirche, dürfen wir nicht schweigen, sondern wir müssen den Finger in die Wunde legen und das uns Mögliche Wirklichkeit werden lassen. Denn was wir vorhin in der 3. Nokturn gesungen haben, ein Wort des Propheten Jesaja, mehr als 2700 Jahre alt und hoffungsgeladen, das soll allen Menschen zugesprochen werden, in dieser Nacht und alle Tage, jenes Wort, das uns aufhorchen lässt, das uns aufrichtet und neue Zuversicht verheißt, jenes alte Wort: „Das Volk, das im Dunkeln lebt, sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf.“ Amen.

 

Liebe Schwestern und Brüder,
Advent, so wird es uns immer wieder gesagt, ist die stillste Zeit im Jahr. Und das stimmt auch, denn es stimmt für all jene, die daraus eine stille Zeit machen, die sich die Zeit nehmen und ruhig werden, die schweigen und lauschen und im Blick auf die kleine Flamme einer brennenden Kerze erfahren, wie sich ihre Seele erwärmt, wie sie schweigend Frieden spürt.
Andererseits wissen wir aber auch, wie umtriebig der Advent geworden ist. Und gerade erst am Freitag stand ein Artikel in der Zeitung: Weihnachtsgeschäft – Handel erwartet plus. Es wird also fleißig gekauft und die Menschen stürmen die Kaufhäuser und Läden. Gewiss - der Rubel muss rollen, die Geschäfte müssen laufen und jeder, der seinen Lebensunterhalt zu verdienen hat und sich einsetzt und hart arbeitet, dem sei auch gegönnt, wenn er für seine Leistung den entsprechenden Lohn empfängt.
Beides zusammen betrachtet: Stille Zeit und Umtriebigkeit. In beides hinein lege ich ein Wort des heiligen Benedikt, der uns in seiner Regel sagt – „In allem das rechte Maß“. Ein Wort, das bis in die Gegenwart seine Bedeutung nicht verloren hat.
Und Hand auf’s Herz: Auch wir als Christen laufen Gefahr, im Trubel dieser Tage nicht mehr zur Ruhe zu kommen und im Hamsterrad der Verpflichtungen so eingespannt zu sein, dass wir das Wesentliche dieser Tage vergessen. Da gilt es die Geschenke zu kaufen, den einen oder anderen Weihnachtsmarkt zu besuchen und auch die verschiedenen Einladungen zu Weihnachtsfeiern und Konzerten binden uns. Es gibt so vieles, was uns in Trab hält und nicht zur Ruhe kommen lässt. Es gibt so vieles, was abhält uns auf das zu besinnen, was Advent bedeutet.
Und darum wünsche ich uns allen für die kommenden Wochen – ihnen und mir selber: Dass wir uns Zeiten der Stille nehmen. Dass wir wieder einmal schweigen und innerlich zur Ruhe kommen und darauf lauschen, was in unseren Herzen vorgeht.
Liebe Schwestern und Brüder, was Schweigen für mein eigenes Leben bedeutet, das finde ich immer wieder in den Worten von Romano Guardini. Er hat einmal gesagt: „Erst das Schweigen tut das Ohr auf für den inneren Ton in allen Dingen.“ Und an anderer Stelle sagt er: „Schweigen ist mehr als nicht reden. Schweigen ist Fülle, macht, dass Fülle sein könne. Schweigen ist für den Menschen das, was der Resonanzboden für eine klingende Saite ist.“
Damit bringt Romano Guardini zur Sprache, dass Schweigen und Hören und Lauschen unserem Leben zu einer größeren Tiefe verhilft und uns wach macht, dass es uns durchlässiger macht für alles, was uns im Leben begegnet. Schweigen und Hören schließlich verfeinert unser Wesen, macht uns achtsam und hellhörig für das, was wirklich wichtig ist, was wesentlich ist in unserem Leben.
Darum ist das Schweigen und das Hören die Grundhaltung von uns Christen. Denn in dieser Haltung, in dieser lauschenden Aufmerksamkeit kann uns das Wort Gottes berühren und erreichen. Diese Haltung der lauschenden Aufmerksamkeit lässt uns die Botschaft hören und lässt uns erkennen, wozu Gott uns ruft. Und heute, liebe Schwestern und Brüder, ist ein klarer Ruf an uns ergangen, der vor 2700 Jahren die hörenden Menschen erreichte durch den Propheten Jesaja, der vor 2000 Jahren die hörenden Menschen erreichte durch den Evangelisten Markus und der auch uns heute zu Ohren gekommen ist: „Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Strassen!“
Wegbereitung, Strassen ebnen! Das klingt schon fast wieder nach Aktion – jetzt aber die Ärmel hochkrempeln und dann geht’s los. Für den Herrn den Weg be-reiten, das heißt aber auch und wohl zuerst, den Weg in unsere Herzen ebnen und ihm eine Strasse bereiten, auf der er einziehen kann.
Und da dürfen wir uns auch ganz ehrlich fragen, ob es die eine oder andere Hürde gibt? Ob es das eine oder andere aufzuräumen gilt? Ob mich vielleicht manches belastet , das ausgesprochen werden müsste? Wir wissen doch alle nur zu gut, dass das Leben nicht immer geradlinig verläuft und dass es auf diesem Weg auch immer wieder Spannungen gibt. Vielleicht steht Versöhnung an, vielleicht wird es eine Erleichterung wenn ich mein Herz erforsche und alle Erkenntnis ins Beichtsakrament einbette und erleben darf, was es bedeutet, losgesprochen zu werden. Dieses Sakrament ist ja gegeben, um den gläubigen Menschen zum Leben zu ermutigen, sein Leben zu beflügeln und ihn nicht zu demütigen.
Den Weg ebnen und eine Strasse bereiten für den Herrn. Das setzt voraus, dass wir die Stille suchen, dass wir schweigen und unser Herz auf ihn ausrichten, dass wir erkennen, im Blick auf ihn, wo etwas begradigt und geebnet werden muss, wo es in unserem Leben der Umkehr bedarf, weil wir den Herrn aus dem Blick verloren haben, und dass wir uns entschlossen daran machen, alles zu tun, ihn wieder in den Blick zu bekommen, den Weg zu ebnen, damit er einziehen kann in unser Herz, damit er zu Weihnachten auch in uns geboren wird. Damit sein Licht in uns leuchte, uns wärme und in uns das Bewusstsein wächst, dass Gott uns an sein Herz ziehen will, dass wir seine geliebten Kinder sind. Denn an Weihnachten bahnt er den Weg vom Himmel zur Erde. Bahnen wir ihm einen Weg in unser Herz und machen wir ernst mit dem, was wir singend immer wieder bekennen: „Komm, o mein Heiland Jesu Christ, meins Herzens Tür dir offen ist. Ach zieh mit deiner Gnade ein, dein Freundlichkeit auch uns erschein. Dein Heilger Geist uns führ und leit den Weg zur ewgen Seligkeit. Dem Namen dein, o Herr, sei ewig Preis und Ehr.“ Amen.

 

 

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