Predigten
Predigt zur Osternacht 2015
Liebe Schwestern und Brüder!
„Das muss ich noch einmal Revue passieren lassen“ – so sagen wir, wenn wir ein Ereignis oder eine Erfahrung, ein Bild oder einen Ausschnitt unseres Lebens näher betrachten.
„Das müssen wir noch einmal Revue passieren lassen“ – so sagen es die Freunde oder Bekannten, die beisammen sind und noch einmal an einen gemeinsamen Urlaub oder eine Wanderung denken. Und nicht selten stellt sich bei solchem Erinnern Freude ein: Ja, das durfte ich erleben. Das durfte ich mit euch erleben und es war für mein Leben ein Geschenk, es war für mein Leben eine große Bereicherung. Die Erinnerung an Schönes und Gutes lässt uns froh und dankbar werden, sie gibt unserem Leben einen tiefen Sinn; die Erinnerung birgt eine große Kraft und schürt in unserem Leben immer wieder die Glut der Hoffnung und der Zuversicht.
Und das ist uns ja auch heute Morgen widerfahren, liebe Schwestern und Brüder? Die Feier der Osternacht deckt uns den Tisch des Wortes mit vielen guten Gaben. Da war z.B. der Schöpfungsbericht zu hören: Gott, der Leben schafft und alles so ordnet, dass Leben möglich ist. Oder Mose und das Volk der Israeliten – durch Gottes Eingreifen werden sie gerettet, erfahren Gott als ihren Begleiter, um nur zwei markante Stelle hervorzuheben.
Wenn wir diese Lesungen betrachten und Revue passieren lassen, dann werden wir in allen Texten etwas spüren und erfahren, was gerade diesem Morgen sein besonderes Gepräge gibt. Gott lässt uns Menschen nicht im Stich. Gott ist ein Gott des Lebens, der auch unser Leben will. Ja, er ist der Gott, der uns zum Leben beruft und anstiftet. Er ist der Gott der Großes tut. Von ihm dürfen wir Großes erwarten.
Das ist auch im Evangelium deutlich geworden. Da sind drei Frauen unterwegs. Von österlicher Euphorie ist zunächst nichts zu spüren. Kein Halleluja und kein Preisgesang. Der ganze Weg klingt eher wie ein Trauermarsch. Sie gehen auch nicht zu einem Fest. Nein, diese drei Frauen gehen zum Friedhof, gehen zum Grab. Es ist ein Friedhofsgang, den das Evangelium beschreibt und ihr Ziel ist: sie wollen Jesus salben. Sie wollen ihm die letzte Ehre erweisen und darum haben sie wohlriechende Öle dabei. In ihren Augen ist er tot, gestorben. Und so sind sie auf dem Weg und es plagt sie nur eine Frage: „Wer könnte uns den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen? – Ostern - Ostern ist weit weg.
Denn weder der weg gewälzte Stein noch der junge Mann im Grab und selbst der Auftrag, den Auferstandenen zu verkünden – all das ist kein Grund für die Frauen, in österliche Freude auszubrechen, an die Auferstehung zu glauben. Das Ganze spitzt sich ja noch zu, wird geradezu dramatisch. Leider sind für das Osternachtsevangelium nur ersten 7 Verse aus dem Kapitel des Markusevange-liums vorgesehen, doch im 8. Vers erfahren wir, wie die Begegnung am Grab endet und wie die Frauen reagieren: „Da verließen sie das Grab und flohen, denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemand etwas davon, denn sie fürchteten sich sehr.“
Liebe Schwestern und Brüder, für die Frauen ist noch nicht Ostern geworden. Sie sind verstört und verängstigt. Und es gibt auch nicht so etwas wie einen Osterschalter – weder in den Frauen noch in uns – es gibt keinen Osterschalter, den wir betätigen könnten. Nein Ostern ist nicht unser Part – Ostern, dieser Part kommt Gott zu. Erst in der Begegnung mit dem Auferstandenen erkennen die Frauen, was geschehen ist. Und erst da dämmert ihnen, dass Unvorstellbares geschehen ist, dass Großes geschehen ist, etwas Geheimnisvolles, das auch unser Leben berührt.
Denn Begegnung mit dem Herrn – das haben die Frauen nicht gemacht und auch die Jünger nicht. Jesus selbst hat sich ihnen offenbart, hat ihnen die Augen geöffnet und sich zu erkennen gegeben.
Liebe Schwestern und Brüder, wir sind als Glaubende versammelt, weil Christus für unser Leben das Fundament ist. Und wir können ihn nur bitten, dass er uns jetzt seine Nähe und Gegenwart erfahren lässt, dass wir im Innern spüren: Ja, Herr, du bist da. Und du bist es, der mein Leben will, der das österliche Licht in mir brennend macht, der mir bei aller Mühsal des Lebens immer wieder sein österliches Leuchten schenkt.
Liebe Schwestern und Brüder, gerade das Gute, das wir im Glauben schon erfahren haben, lassen wir es immer wieder einmal „Revue passieren“, danken wir für die die Zeichen seiner Gegenwart und tragen wir sein österliches Licht hinein in unsere Welt. Mag auch vieles auf dem Kopf stehen und mag es auch noch viele Veränderungen geben, auch in unserer Kirche - Aber eines, liebe Schwestern und Brüder, eines sollten wir nie vergessen: Letztlich ist es Gott, der alles in Händen hat. Letztlich ist es Gott, von dem alles Gute kommt und der uns nicht fallen lässt.
Darum hat er uns seinen Sohn gesandt, damit wir an ihn glauben, damit wir in ihm Erlösung und Heil finden und damit Ostern nicht nur ein schönes Frühlings-fest ist, sondern ein Ereignis, das unser Leben in Bewegung bringt und verwan-delt, das unserem Leben einen tiefen Sinn und Inhalt gibt und uns immer wieder hoffen lässt. Ja, Ostern ist unser Fest. Lassen sie es immer wieder einmal „Revue passieren.“ Amen.
Predigt zum Karfreitag 2015
Liebe Schwestern und Brüder!
Es gibt Augenblicke im Leben, die prägen sich so tief in unsere Herzen ein, dass wir sie nie wieder vergessen können. Und es sind durchaus nicht immer erfreuliche Augenblicke. Manchmal sind es Minuten, Stunden, Tage, gar Wochen, da wird unser Leben durchkreuzt. Da werden Hoffnungen zunichte gemacht, da bricht alle Lebensplanung wie ein Kartenhaus zusammen und so mancher Traum, der in die Zukunft reichte, der zerschellt und geht zugrunde.
Warum? – Warum bist du gegangen? Warum werden wir dich nie wieder sehen und in die Arme nehmen können? Warum werden wir nie mehr deine Stimme hören und mit dir lachen und weinen, mit dir das Leben teilen, die Freude und den Schmerz, das Licht und den Schatten? Warum?
Diese Frage haben sich, liebe Schwestern und Brüder, schon unzählige Menschen gestellt. Gewiss auch die Eltern und Geschwister, die Angehörigen und Freunde, die Klassenkameraden und Arbeitskolleginnen der Menschen, die letzte Woche bei der Flugzeugkatastrophe so sinnlos aus dem Leben gerissen wurden.
Warum all das Leid? Warum all der Schmerz? Vor einigen Tagen, vor vielen Jahrhunderten und Jahrtausenden und gegenwärtig?
Diese Fragen begleiten uns immer wieder und wir suchen nach einer Antwort und müssen uns doch eingestehen, dass es nicht auf alles eine Antwort geben wird. So manche Frage in unserem Leben, die wir gerne beantwortet hätten – sie bleibt unbeantwortet und hinterlässt in uns eine Wunde, irgendwann einmal eine Narbe und erinnert immer wieder an das Unbegreifliche und Schwere.
Ja, es gibt Situationen, es gibt Augenblicke, Stunden und Tage, die stellen das Leben auf den Kopf und was morgens noch lebensfrisch und blühend war – am Abend kann es ganz anders sein, total verändert, weil ein tragisches Ereignis das Leben total umgekrempelt hat.
Liebe Schwestern und Brüder, der Karfreitag, an dem wir das Leiden Jesu Christi betrachten und bedenken, welchen schweren Weg er gegangen ist – dieser Tag gibt uns die Zeit, innezuhalten, gibt uns die Chance nach innen zu gehen, zu lauschen und zu hören, wie es um mich selber steht – im Blick auf das Kreuz des Herrn, auf ihn, der seine Wunden nicht vor uns verbirgt. Er hat vieles erduldet: die Geißelung, Spott und Hohn, den schweren Weg nach Golgotha und schließlich die Kreuzigung. Er hat sich nicht geschont oder göttliche Macht ausgespielt. Nein, er ist für uns in den Schmerz gegangen, ist hineingegangen in den oft so blutigen Ernst dieser Welt. Wollte mit uns nicht nur das Licht und die Freude teilen, sondern auch alle Drangsal und Not und schließlich auch die Ohnmacht bis hin zu dem bitteren Schrei: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Warum?
Liebe Schwestern und Brüder, wenn wir in dieser Stunde auf Jesus Christus schauen und seines Leidens gedenken, dann dürfen wir offen und ehrlich sein und uns selber fragen: Ist nicht so manches auch in unserem Leben schon durchkreuzt worden? Haben wir nicht alle auf je eigene Weise schon so manches Kreuz getragen? So manche Ohnmacht erlebt? Haben wir nicht alle schon so manche Hoffnung zu Grabe getragen?
Wir alle wissen um unser je eigenes Kreuz. Wir alle haben auf unserem Lebensweg Wunden davon getragen und auf die eine oder andere Frage nach dem „Warum?“ keine Antwort bekommen.
Gewiss, das kann sehr weh tun. Aber wir müssen unsere Wunden und Narben nicht verstecken und verbergen, auch wenn in unserer Gesellschaft vielfach nur der zählt, der es versteht stark aufzutreten.
Nein, der heutige Nachmittag ist die Ermutigung an uns alle, mit dem Kreuz unseres Lebens, mit den Wunden und Schmerzen unseres Lebens zu Christus zu kommen, unser Kreuz und Leid mit seinem zu verbinden. Tun wir das nachher bei der Kreuzverehrung.
Gehen wir zu ihm hin und bringen wir das zu ihm, was uns bedrückt und was uns schmerzt verbinden wir uns in dieser Stunde mit dem Schmerzensmann am Kreuz.
Liebe Schwestern und Brüder, der Karfreitag, das ist ein Tag, der uns mit einer Wirklichkeit konfrontiert, vor der wir nicht die Augen verschließen dürfen: die Realität menschlicher Grausamkeit. Es ist dies ein Tag, der uns mit unserem eigenen Leiden und unserer eigenen Not in Berührung bringt. Und es ist der Tag, aus dem trotz aller Nacht und Finsternis, Licht hervorgehen wird, Erlösung, Heil und Rettung.
Diese Hoffnung scheint auch durch folgendes Gedicht (Roland Breitenbach / Stefan Philipps):
„Sei gesegnet mit dem Kreuz,
das deinen Tod durchkreuzt
und dir Leben schenkt.
Sei gesegnet mit dem Kreuz,
das alle Zweifel durchkreuzt
und dir Hoffnung gibt.
Sei gesegnet mit dem Kreuz,
das deinen Schuldschein durchkreuzt
und dir Zukunft verheißt.“ Amen
Predigt zum Gründonnerstag 2015
Liebe Schwestern und Brüder,
Licht und Schatten – beides gehört zu unserm Leben. Genauso wie Freude und Leid sich oft die Hand reichen. Das haben wir wohl alle schon einmal erfahren. Das Freudige und Schöne in unserem Leben. Situationen, die wie Sternstunden waren und die wir gerne festhalten hätten; Stunden, in denen wir sagten: So soll es bleiben. Und dann gibt es da auch die andere Seite: das Leid, die Not, das Elend und die Verlassenheit. Unser Leben kennt beides: Licht und Schatten, manchmal dunkle Nacht und Finsternis.
Auch heute Abend wird uns das bewusst und die Heilige Schrift hat uns eben diese Spannung spüren lassen.
Erinnern wir uns der Worte aus dem ersten Korintherbrief. Da führt uns Paulus vor Augen, was Jesus am Abend vor seinem Leiden im Abendmahlsaal getan hat. Versuchen wir uns in dieses Ereignis hinzuversetzen: Jesus nimmt das Brot in seine Hand, er bricht es reicht es seinen Jüngern. Nehmt, sagt er, esst, das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis. Und wie er dann den Kelch nimmt, ihn seinen Jüngern reicht, damit sie daraus trinken und wie er spricht: Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis.
Mit diesen Worten führt uns Paulus in ein heiliges Geschehen ein. Jesus schenkt sich in den Gaben von Brot und Wein und er entfacht damit ein Licht der Hoffnung und der Zuversicht, wenn er sagt: „Sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.“
Liebe Schwestern und Brüder, halten wir hier einmal inne. Was wir heute Abend miteinander feiern, ist eine große Zusage des Herrn an uns: Ihr Glaubenden, ihr Frauen und Männer, ihr seid nicht allein. Ich bin bei euch: Wenn ihr das Brot brecht und esst und wenn ihr den Kelch trinkt.
Und wenn ihr das tut, dann bricht der Himmel in euer Leben ein, dann strahlt - göttliches Licht in euer Leben und will euch in so mancher Nacht eures Lebens trösten und ermutigen, will euch aufrichten und Weggeleit geben – durch so manche Finsternis hindurch.
Es heißt ja sehr deutlich: Mein Leib für euch! Jesus hat uns zum Ziel. Es geht um unser Heil, es geht um unser Leben, es geht um dich und um mich.
Letztlich geht es Jesus um eines: Um Hingabe! Hingabe für uns! Hingabe bis zum Letzten, das machen Brot und Wein schon deutlich. Körner müssen gemahlen werden, damit Brot daraus werden kann. Und Trauben müssen gepresst werden, damit Wein daraus werden kann.
Brot und Wein, sie stehen für das Leben Jesu, sie stehen für seine Hingabe an uns und sie verdeutlichen uns gerade am Vorabend seines Leidens, was wir ihm bedeuten, wie sehr er uns an sein Herz ziehen will.
Wenn wir darum Eucharistie feiern und gerade heute Abend auch der Einset-zung des Sakramentes der Priesterweihe gedenken, dann immer im Bewusstsein, dass priesterlicher Dienst ein Dienst für die Menschen ist, zur Verherrlichung Gottes.
Das verdeutlicht uns Jesus in der Fußwaschung. Er bückt sich, er macht sich klein und übernimmt einen Sklavendienst. ER, der Meister, ist sich dazu nicht zu schade. Nein, gewiss nicht. Er fordert vielmehr alle Jünger und damit auch uns auf, ihn nachzuahmen.
Ein weiteres Aufleuchten göttlichen Lichtes in unserer Welt: Der Dienst am Menschen wird sichtbar und erfahrbar. Und selbst in die niedrigste Arbeit geht Gott ein und gibt dieser Arbeit Würde und Ansehen.
Liebe Schwestern und Brüder, im Abendmahlereignis strahlt uns das göttliche Geheimnis auf. Gott ist gegenwärtig, Gott ist da und er setzt Zeichen. Er will bei uns Menschen sein.
Da gibt es aber auch die andere Seite. Denn eines ist klar: Verrat liegt in der Luft. Judas hat den Geldbeutel schon in der Hand. Und was in so vielen Ge-mälden des Abendmahles angedeutet ist, das vollendet sich in der Nacht, im Dunkeln, in der Finsternis: Verraten und verkauft mit einem Kuss.
Aber nicht nur das: Zuvor spürt Jesus seine ganze Verlassenheit, spürt seine Angst und Not. Vater, wenn es möglich ist... Ja, er ist aufgewühlt, denn er weiß was es bedeutet, wenn die Bestie im Menschen losgerissen ist. Da gibt es kein Halten mehr, da gibt es nur noch blinde Wut, Blutgier und Entwürdigung. Vater, wenn es möglich ist... - Aber Jesus geht seinen Weg - hinein die Nacht – dein Wille geschehe.
Wo sind wir in diesen Szenen? Wo stehst Du? Wo findest Du Dich an diesem Abend, in dieser Nacht mit deinem Leben wieder? Im göttlichen Geheinmis des heiligen Mahles? Bei der Fußwaschung? Im Verrat des Judas? In der Einsamkeit des Ölbergs? In der Bitte: Vater, wenn es möglich ist…?
Liebe Schwestern und Brüder, Licht und Schatten gehören auch zu unserem Leben. Und wir dürfen mit diesen Licht- und Schattenseiten hier sein und sie dem Herrn zeigen und wir dürfen bitten, um Heilung, um Kraft, damit wir nicht verzagen. Wir dürfen bitten für die Vielen, die zerrieben werden wie Getreide-körner in den Mühlsteinen der Ausbeutung, der Entwürdigung und des Krieges. Wir dürfen bitten für die, die keine Stimme mehr haben und zu denen sich niemand herunterbeugt, um ihnen die Füße zu waschen.
Abendmahl feiern, im Abendmahlsaal sein, Christus in den heiligen Zeichen empfangen - das ist nicht nur Gabe, das ist auch Aufgabe. Amen.
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