Liebe Schwestern und Brüder,
Lothar Zenetti, ein katholischer Priester, hat schon vor vielen Jahren folgenden Text verfasst. Da sagt er: „Frag hundert Katholiken was das Wichtigste ist in der Kirche. Sie werden antworten: Die Messe. Frag hundert Katholiken was das Wichtigste ist in der Messe. Sie werden antworten: Die Wandlung. Sag hundert Katholiken, dass das Wichtigste in der Kirche die Wandlung ist. Sie werden empört sein: Nein, alles soll bleiben wie es ist!“

„Nein, alles soll bleiben wie es ist.“ Es ist ja auch allzu menschlich. Und wahrscheinlich kennen wir das aus unserem eigenen Erleben. Wir wissen ja alle miteinander, dass gute Gewohnheiten wie eine Stütze im Alltag sind, darauf kann man sich verlassen. Andererseits spüren wir aber auch, dass wir Veränderungen nicht aufhalten können, wir spüren, dass es Wandlung gibt: in der Gesellschaft, auf dem Erdball und nicht zuletzt auch in unserem Leben und auch in der Kirche.

Der Aufruf zur Veränderung, der Ruf nach Wandlung – der wird nicht nur in den eingangs zitierten Worten deutlich. Der Ruf nach Wandlung und Veränderung wird uns auch im heutigen Evangelium vor Augen gehalten: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium.“ Jesus sagt uns also nicht: Lasst alles beim Alten! Passt schon so, wie ihr lebt! Macht nur so weiter! Nein, das sagt Jesus gewiss nicht. Sein Ruf ist eindeutig und klar: „Kehrt um!“ Und damit meint er nicht nur die Menschen, die ihm einst Auge in Auge gegenüberstanden. Sein Ruf zur Umkehr reicht bis in die Gegenwart, reicht also bis zu uns und geht auch uns an. Und der Sinn der Umkehr, das Warum - es ist ja deutlich ins Wort gefasst: Es geht um das Reich Gottes, es geht um das Evangelium und darum, dass wir zu Gott zurückkehren, dass wir die Frohbotschaft als Kompass für unser Leben annehmen und uns von Jesus Christus her prägen und formen lassen.

Letztlich geht es darum, dass wir unser Herz an Jesus Christus hängen. Der heilige Benedikt fasst es in die Worte: „Der Liebe zu Christus nichts vorziehen.“

Eines dürfen wir uns in diesem Zusammenhang bewusst machen: Es wird hier nicht zuerst von uns etwas gefordert. Den Anfang hat Gott selbst gemacht. In der Menschwerdung seines Sohnes ist der Grundstein gelegt. Er ist zuerst auf uns zugegangen und nahegekommen. Darum ist es so wichtig, gut hinzuhören, zu lauschen und das Wort in uns aufzunehmen: „Das Reich Gottes ist nahe“ – in diesem Wort liegt Kraft, liegt Hoffnung und Zuversicht. Denn dieses Wort lässt uns erahnen, dass Gott bei uns ist, ja, er will uns nahe sein, er schenkt uns seine ganze Liebe und er möchte uns zur Umkehr bewegen, damit wir das Leben haben, damit wir nicht mehr aus den Zisternen trinken sondern uns an ihm sättigen, dem lebendigen, dem göttlichen Quell.

Was das bedeutet, meine lieben Schwestern und Brüder, das erfahren wir, wenn wir die Verse lesen, die dem heutigen Evangelium folgen. Da ist bald von Heilungen die Rede. Da wird erfahrbar: Wer diesem Jesus von Nazareth begegnet, wer sich auf ihn einlässt, der erfährt Heil, dessen Leben wandelt sich, da geschieht etwas, was nicht vom Menschen gemacht werden kann. Nein, da tritt einer auf, der göttliche Vollmacht hat und der die Brücke zum Vater baut.

Liebe Schwestern und Brüder, halten wir hier einmal kurz inne und fragen wir uns: Wie steht es um mein Leben? Erfahre ich mich mit allem, was zu mir gehört, geborgen in Gott? Bin ich in ihm beheimatet? Traue ich Gott Großes zu? Lasse ich mich auf ihn ein und prägt seine Frohe Botschaft mein Herz? Spüren Menschen, die mir begegnen, dass ich mit Christus verbunden bin?

Wir können alle Sonn- und Feiertage einhalten und zur heiligen Messe gehen, wir können unsere Almosen geben und Rosenkränze und Kreuzwege beten, wir können Wallfahrten unternehmen - und bleiben doch im Alltag die Alten - vielleicht grantig und ungenießbar, hartherzig oder geschwätzig, wenn es um andere geht. Vielleicht geizig und blind für den Nächsten, abweisend und kalt, wenn Vergebung ansteht.

Liebe Schwestern und Brüder, wir dürfen uns durchaus kritisch hinterfragen, wo wir der Umkehr bedürfen, damit die Hindernisse ausgeräumt werden können, die uns abhalten, Gott näher zu kommen. Das ist der wesentliche Punkt unserer Umkehr: dass Gott die Mitte unseres Lebens ist. Und dass wir als Christen miteinander aus der einen Quelle schöpfen und mit neuen Augen sehen lernen. Denn auch wir sind gerufen, in der Nachfolge Jesu „Licht der Welt und Salz der Erde zu sein.“

Erkennen wir den Aufruf Jesu als eine Chance für uns alle: neu zu werden und uns immer wieder zu erneuern, wenn wir ihn aus dem Blick verloren haben. Denn um etwas Großes geht es: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium.“ Amen.

 

 

 

Zum Seitenanfang