Predigt zum 16. Sonntag im Jahreskreis – Mt 13, 24-43
Liebe Schwestern und Brüder!
Am Donnerstag haben wir die Absolventen unserer Realschule verabschiedet. Zuerst feierten wir hier in der Abteikirche die heilige Messe und dann trafen wir uns in der Turnhalle. Die Absolventen bekamen ihre Zeugnisse ausgehändigt und so manche Anekdote erinnerte an die Streiche so mancher Schüler oder auch an die eine oder andere Episode, die es nun mal an einer Jungenschule gibt.
Interessant waren allerdings die Fotos, die auf die Leinwand projiziert wurden. Da waren sie zu sehen – im Babyalter, in der Grundschule, bei einem Ausflug oder einer anderen Gelegenheit. Eines wurde deutlich: aus den einst kleinen, handlichen Buben sind junge Männer geworden. Gewachsen, lang an Gestalt, gereift und mit einem Realschulabschluss in der Hand.
Und auf unser Leben geschaut – war es anders? Auch wir sind den Weg des Wachsens und Reifens gegangen und auch wir können auf verschiedene Etappen unseres Lebens schauen und vielleicht die eine oder andere Geschichte erzählen, die wir im Laufe des Lebens erfahren haben oder für die wir verantwortlich sind.
Aber nicht nur rein äußerlich gibt es Reifung und Wachstum. Auch innerlich reifen und wachsen wir – auch im Blick auf unseren Glauben. So bete ich heute anders als früher. „Lieber Gott mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm“ – das war das erste Gebet in meiner Kindheit. Jeden Abend hat es meine Mutter mit mir gebetet. Und darauf war Verlass und es hat in mir das Urvertrauen in Gott geweckt. Dieser abendliche Ritus, der mit dem Kreuzzeichen begann und mit dem Kreuzzeichen endete – dieser Ritus hat mich geprägt und den Samen gelegt für eine Gottesbeziehung, die ich nicht missen möchte.
Von Samen, von Reifung und Wachstum ist auch heute im Evangelium die Rede gewesen.
Da wird Samen ausgesät, guter Samen – so heißt es ausdrücklich im Text. Nicht irgendein Sonderangebot wird genommen. Nein, guter Samen.
Der soll wachsen, der soll gedeihen, der soll Frucht tragen. Doch im gleichen Atemzug berichtet das Evangelium, dass auch Unkraut wächst, vom Feind gesät.
Und hier können wir innehalten, liebe Schwestern und Brüder, und hier können wir einmal die Frage stellen: Welche Bedeutung hat dieser Evangelienabschnitt für mein Leben? Was will mir Jesus mit dieser Worten sagen? Birgt dieses Evangelium eine Botschaft, an der ich wachsen und reifen kann?
Wenn ich die Worte der heutigen Frohbotschaft noch einmal in mir nachklingen lasse, dann habe ich den Eindruck, dass Jesus uns allen zuruft: „Ihr seid Kinder Gottes! Darum seid gute Saat, weil Gutes in euch grundgelegt ist! Vertraut darauf: Aus euch kann Gutes erwachsen!“
Das ist der gute Anfang, den Gott gemacht hat – mit uns! Er ist es, der uns zum Guten befähigt. Wir sind ja durch die Taufe hineingenommen in das Leben des guten Gottes. Und wir beten ja auch immer wieder: „Wir haben den Geist empfangen, der uns zu Kindern Gottes macht.“ Das dürfen wir glauben und darauf dürfen wir vertrauen: Gott hat uns angenommen. Gott hat uns seinen guten Geist geschenkt. Und dieser gute Geist, der in uns lebt, der befähigt uns Gutes zu tun, zu wachsen und zu reifen und Frucht zu bringen. Und da sagt uns der heilige Paulus: „Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung.“
Liebe Schwestern und Brüder, gibt es ein Wort aus dieser Aufzählung, von dem ich sagen kann: Ja, da bin ich gewachsen, da reift etwas in mir oder dafür stehe ich ein: Ich stifte Freude! Ich bleibe in Treue an der Seite derer, die keine Achtung erfahren in der Gesellschaft! Ich bin langmütig mit denen, die Langmut brauchen! Ich bin freundlich zu allen! Ich möchte ein gütiger Mensch sein! – So vieles gibt es, aus dem Gutes wachsen kann und vielleicht dürfen wir ja auch in dieser Stunde einmal sagen: Danke, lieber Gott, dass auch durch mich das eine oder andere Licht brennt – bescheiden, froh und innerlich zufrieden sagen: Danke, lieber Gott!
Denn oft genug fällt uns ja das Gegenteil ein. Wir sehen das Unkraut im Garten unseres Herzens und spüren doch zutiefst, dass wir es eigentlich nicht wollen, dass es aber manchmal so übermächtig ist. Wir wissen um unsere Fehler und Schwächen, um unsere Sünde und auch um das, was uns immer wieder von Gott trennt. Und nicht selten wissen wir es noch besser von unseren Nächsten und möchten am liebsten anfangen, im Garten ihres Herzen das Unkraut zu tilgen und dort für Ordnung und Sauberkeit zu sorgen.
Aber da sagt das Evangelium heute: Stopp! Mach dich nicht zum Richter über deinen Mitmenschen. Das Urteil über Gut und Böse steht allein Gott zu.
Wie oft deuten wir auf den anderen mit dem Zeigefinger und merken nicht, dass drei Finger auf uns selber weisen?
Liebe Schwestern und Brüder, Christ sein, oder richtiger gesagt: als Christ zu leben, das bedeutet auch immer, bereit sein zu wachsen und zu reifen. Das bedeutet: mich selbst kritisch zu sehen und mich zu fragen, wo ich stehe und wie sich mein Leben gestaltet. Es heißt auch: Geduld zu haben mit mir selber und mit meinen Nächsten. Denn eines dürfen wir glauben: Gott hat auch Geduld mit uns, unendlich viel Geduld.
Und darum lohnt es sich, den Weg des Christen zu gehen und innerlich bereit zu sein im Guten zu wachsen und liebenswürdig und bescheiden von Gott Zeugnis zu geben. Ich glaube, solche Menschen braucht unsere Welt, denn solche Menschen verströmen Hoffnung und Zuversicht – auch heute, wo so viel Unkraut, wo Krieg und Terror Wunden reißen und Leben vernichten, wo sie Ursache sind für Hunger, Not und Tränen, und Menschen an den Rand der Verzweiflung getrieben werden. Gerade heute sind solche Menschen notwendig und wichtig: Damit der Himmel durchstrahlen kann auf die Erde und die in Not Geratenen spüren: Gott ist gegenwärtig. Der gute und treue Gott ist nicht abwesend.
Darum ruft uns Jesus zu: Seid guter Samen. Vertraut darauf: Durch euch kann Gutes wachsen. Vertraut darauf! Amen.
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