Liebe Schwestern und Brüder,

„Pilger sind wir Menschen“ – so heißt es im Lied und bringen damit zum Ausdruck, dass wir unterwegs sind; ja mehr noch: dass wir auf dieser Erde eine begrenzte Zeit haben, die uns als Zeit des Pilgerns gegeben ist. Dabei erleben wir vieles. Manches freut uns, manches baut uns auf und schenkt uns inneren Frieden. Und ich hoffe, dass wir alle miteinander solche Zeiten kennen, dass wir uns alle miteinander an solche Zeiten erinnern können und dankbar werden für das, was unser Herz heute noch erwärmt und dankbar stimmt.

Es gibt auf diesem Pilgerweg aber auch andere Stunden. Situationen, die einer Wüstenwanderung gleichen; Zeiten, die wir als Durststrecke bezeichnen, weil sie viel von uns gefordert haben. Zeiten, in denen wir vielleicht nicht mehr so recht wussten, wo es hingehen wird, Zeiten, die schwer für uns waren und uns Kraft und Energie gekostet haben und wir uns manchmal fragten: Gott, wo bist du? Gibt es Dich? -  Wohl jeder von uns weiß um diese Zeiten – und wie sie uns geprägt und geformt haben. Leben, das dürfen wir mit Fug und Recht sagen, ist nicht immer leicht, ist nicht immer einfach und schön.

Das hat auch das Volk Israel erlebt, erfahren, durchlitten. In der ersten Lesung war davon die Rede. Durch die Wüste mussten die Israeliten ziehen, viele Jahre hindurch. Begleitet von Hunger und Durst und so mancher Drangsal. Aber gerade in dieser harten und schweren Zeit, gerade in den Stunden, wo alles so aussichtslos war - da offenbart sich die Güte Gottes. Und es wird für die Israeliten spürbar, dass Gott sie nicht alleine lässt. Dass er um ihren Hunger weiß, dass er ihren Durst kennt. Manna und das Wasser aus dem Felsen sprechen davon, wie Gott die Menschen in ihrer Not nicht alleine gelassen hat.

Und wir – sie und ich? Kennen wir diese Situation? Kennen wir Hunger und Durst? Hunger und Durst des Leibes ebenso wie den Hunger und den Durst der Seele?

Heute ist ein besonderer Tag. Fronleichnam. Wir gehen mit dem Leib Christi auf die Strasse. In der Monstranz wird uns das Brot gezeigt, das auf dem Altar kon-sekriert worden ist. Es ist ein sichtbares Zeichen der Gegenwart des Herrn.

Ja, heute soll uns deutlich vor Augen stehen, und Christus ruft es uns in dieser Stunde im Zeichen des Brotes zu: Du Mensch, ich bin bei dir. Ich bin mit dir auf dem Weg. Ich gehe mit dir und stehe dir zur Seite!

Und mit dem Psalmisten können wir ihm antworten: „Und muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil… Du deckst mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde.“ Es ist ein Wort des Vertrauens und des Glaubens. Ja, Herr, du bist bei mir und du lässt mich nicht verhungern. Das zu wissen bringt Trost und es ermutigt zum Leben!

Die erste Lesung bringt aber nicht nur zum Ausdruck, dass Gott sein Volk umsorgt und im Blick hatte. Die Lesung weist uns noch auf etwas anderes hin: „Nimm dich in acht, dass dein Herz nicht hochmütig wird und du den Herrn, deinen Gott nicht vergisst, der dich aus Ägypten, dem Sklavenhaus geführt hat.“

Gottvergessenheit, Verdunstung des Glaubens, der Mensch als Mittelpunkt von allem. Auch darauf weist das Fest heute hin, wenn Christus in der Monstranz durch die Strassen der Dörfer und Städte getragen wird. „Vergiss den Herrn, deinen Gott, nicht.“ Aber das ist ja das Dilemma in unserer Heimat. Und wir machen uns bewusst, dass Gott in vielen Familien keine Rolle mehr spielt und das Glaubenswissen versiegt.

Und darum frage ich Sie, liebe Schwestern und Brüder: Was aber nährt dann die Seele? Was stillt denen Hunger, der Menschen, wenn nicht Gott?

Materielles? Feste und Feiern? Luxusartikel? Wir wissen doch selbst, dass das nur befristet trägt, dass alles Materielle und Kaufbare nicht anhält.

Unseren Hunger nach Ewigkeit, unseren Hunger nach bleibender Fülle, nach bleibender Liebe und Geborgenheit – das alles wird uns von Gott geschenkt. Und nur ER kann es uns schenken, wenn wir offen sind für ihn, wenn wir ihm glauben und vertrauen und uns in seine Hände legen.

Wenn wir nicht überheblich sind, sondern demütig, wissend, wie bedürftig wir sind und dass wir nur von ihm her das erlangen können, was uns letztlich nährt, was unserem Leben Halt und Freude gibt, Sinn und Zufriedenheit.

Fronleichnam – wir tragen den Herrn durch die Strassen und bekennen uns zu ihm. Wir preisen ihn als Retter, als Heiland und Erlöser. Und so geheimnisvoll das Sakrament der Eucharistie auch ist. Wer sich auf den gegenwärtigen Herrn im Brot einlässt und schon erfahren hat, was seine Gegenwart im Leben bedeu-tet, der kniet sich immer wieder nieder, der betet an und weiß tief im Herzen, dass alle Pilgerschaft auf Erden mit allen Höhen und Tiefen, mit allem Licht und allem Schatten ein Ziel hat und in Jesus Christus Vollendung finden wird. Amen.

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