Liebe Schwestern und Brüder,


"Das halte ich heilig" – so sagen wir, wenn uns etwas im Leben wichtig ist, wenn es uns kostbar ist und zu Herzen geht. Und es gibt ja in jedem Menschen-leben solche Dinge, die uns heilig sind: vielleicht der Rosenkranz der Mutter, ein kleines Geschenk, dass mir einst der Vater mitbrachte, ein Bild oder was auch immer. Es gibt vieles, was wir heilig halten – nicht zuletzt die vielen Erinnerungen. Wir halten sie heilig, weil sie uns zuinnerst mit einem Menschen verbinden, dem wir nahestanden, der in unserem Leben eine wichtige Rolle spielte, dessen Rat wir schätzten und dessen Güte, dessen Freundlichkeit und Lieben wir nicht vergessen. Es sind oft nicht die großen Schätze, die wir heilig halten – nein, oft sind es kleine, vielleicht sogar unscheinbare Dinge. Und doch sind sie uns wichtig und bilden eine Brücke aus dieser Zeit in die Ewigkeit oder von diesem Kontinent zu einem anderen, wo gerade eben dieser Mensch wohnt und lebt.


Haben sie nicht auch so etwas, was sie heilig halten? Ein Foto, ein Buch, ein Bild. So manches gibt es, was uns erinnert und unser Herz erwärmt und das wir um keinen Preis verlieren möchten.


Auch ich habe so manch kleinen Gegenstand, der - materiell gesehen - nicht viel bedeutet, und doch ist er mir kostbar. Ich denke dabei an ein kleines Schutzen-gelbild, das in meinem Schlafzimmer an der Wand hängt. Es ist schon bald 50 Jahre alt. Meine Großtante brachte es mir von einer Wallfahrt mit. Für mich und für unsere ganze Familie war diese Frau eine wichtige Gestalt, weil sie gütig und liebenswert war; sie hatte für uns alle ein gutes Herz. Und darum vergessen wir sie nicht und in unseren Gesprächen ist sie immer wieder unter uns – und nicht zuletzt in diesem kleinen Schutzengelbild, das mich an sie erinnert. Und darum halte ich dieses Bild heilig und es lässt mich immer wieder spüren, dass sie einen Platz in meinem Herzen hat.
Etwas heilig halten – das ist das eine, liebe Schwestern und Brüder. Aber es geht noch viel tiefer und das ist uns heute zugesprochen worden. Erinnern wir uns noch einmal an die Lesung aus dem ersten Petrusbrief. Da sagt der Apostel Petrus sehr unmissverständlich: "Haltet in eurem Herzen Christus, den Herrn, heilig!"
Hier geht es um keinen Gegenstand, hier geht es nicht um ein Bild oder ein kleines Erinnerungstück – so wichtig und so berechtigt sie in unserem Leben
auch sind. In dem Aufruf des heiligen Petrus geht es um mehr: es geht um Jesus Christus, es geht um den Sohn Gottes, es geht um den auferstandenen Herrn.


Aber was kann das bedeuten, Jesus Christus heilig halten? Was geschieht da, was macht einer, wenn er Jesus Christus im Herzen heilig hält?
Hier geht es für uns Christen um alles! Heilig halten, im Herzen heilig halten – das spricht von inniger Beziehung, das spricht von einer lebendigen Verbunden-sein und meint im Letzten und Tiefsten: Ja, Herr, ich gehöre dir mit Haut und Haaren! Ich höre dir ganz! Christus im Herzen heilig halten - das meint: Hin-gabe! Das meint: Ich mache mit der Taufe ernst und gebe meine persönliche Antwort auf meine Taufe: Ich gehöre dir!
Halten wir uns dabei einmal vor Augen, was wir immer besingen: "Ich bin getauft und Gott geweiht durch Christi Kraft und Zeichen; das Siegel der Drei-einigkeit wird niemals von mir weichen. Gott hat mir seinen Geist geschenkt, ich bin in Christus eingesenkt und in sein Reich erhoben, um ewig ihn zu lo-ben."


Ja, liebe Schwestern und Brüder, durch die Taufe sind wir in Christus einge-senkt und in der Taufe hat Gott sein Ja-Wort zu uns gesprochen: Du bist meine geliebte Tochter, du bist mein geliebter Sohn! Und dieses Wort ist gesiegelt durch Jesus Christus, der für uns Leiden und Tod nicht gescheut hat und den wir gerade in diesen Wochen der Osterzeit als den Auferstandenen Herrn vor Augen haben.
Halten wir ihn in unseren Herzen heilig, geben wir ihm den ersten Platz in unserem Leben und bleiben wir mit ihm in einer innigen Verbindung,
damit wir auch von ihm Zeugnis geben können, damit auch wir Zeugnis geben können von der Hoffnung, die uns erfüllt. Einer Hoffnung, die uns aus dem Glauben zuwächst.


Gerade in unserer Zeit, wo der Glaube an Gott mehr und mehr verdunstet, wo wir in unserer Gesellschaft feststellen, dass das Christentum auf dem Rückzug ist – da braucht es Zeuginnen und Zeugen, da braucht es Menschen, die sich zu Jesus Christus bekennen, die Feuer und Flamme sind für ihn und an deren Leben, an deren Denken und Handeln deutlich wird, dass in ihnen Jesus Christus lebt. Schließlich sagt uns Jesus im Evangelium nach Matthäus: "Ihr seid das Licht der Welt, ihr seid das Salz der Erde."
Damit gilt es ernst zu machen, meine lieben Schwestern und Brüder, damit die menschenverachtenden und zerstörerischen Exzesse in dieser Welt nicht alles überwuchern. Und wir alle wissen doch im die Problematik, die unsere Gesellschaft krank macht: Wenn es keine verbindliche Ethik mehr gibt, wenn die moralischen Prinzipien mit Füßen getreten werden und dem menschlichen Handeln keine Grenzen mehr gesetzt sind, dann geht es früher oder später drunter und drüber. Und wenn der Mensch sich von Gott losgesagt hat und seinem eigenen Größenwahn ausgeliefert ist, dann kann es sehr schnell geschehen, dass die totalitäre Macht des Menschen über den Menschen die Oberhand gewinnt. Was dabei herauskommt, hat uns die Geschichte schon zu oft gezeigt. Hoffentlich lernen wir daraus. Denn eines liegt wohl klar auf der Hand: Ohne Gottesbezug gilt früher oder später das Gesetz des Stärkeren – nicht die Würde des Menschen, die uns aufgrund unserer Gotteskindschaft geschenkt ist.
Darum, liebe Schwestern und Brüder, lassen wir die Worte des Apostels Petrus tief in unser Inneres fallen: "Haltet in eurem Herzen Christus, den Herrn, heilig!"
Und mit dem heiligen Br. Klaus von der Flüe beten wir: "Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert zu dir. Mein Herr und mein Gott, gib alles mir, was mich fördert zu dir. Mein Herr und mein Gott, nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen Dir." Amen.

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